
ENTWICKLUNG UND GESCHICHTE
Heute ist Lührs Fruchtgroßhandel gut aufgestellt. Mit weitverzweigten, weltweiten Handelsbeziehungen, ist die Firma ein fester Bestandteil des Hamburger Großmarktes. Die ständig modernisierten Verpackungsanlagen in Dollern stellen kundenorientierte und flexible Auftragsabwicklung sicher.
ERSTE ANFÄNGE IN 1908*
„Der Obsthandel ist ohne den Ausbau des Anbaugebietes im Alten Land und die Nähe zur Großstadt Hamburg nicht denkbar. Die Familie Lührs blickt auf eine beinahe 100-jährige Tradition im Obsthandel zurück.
Peter Lührs heiratete 1908 die Tochter eines Obstbauern in Hohenfelde. Zusätzlich zu dem Obstanbau seines Schwiegervaters begann er mit dem Obsthandel. Der Handel mit frischer Ware aus dem Alten Land war damals ein reines Saisongeschäft. In der restlichen Zeit des Jahres handelte man mit getrockneten Zwetschgen und, damals nicht unüblich, mit geröstetem Kaffee.
Als 16-Jähriger begleitete Hans Lührs seinen Vater zum Großmarkt Hamburg. Während der Handel auf dem Großmarkt heute größtenteils nachts abgewickelt wird, fanden die Geschäfte damals von 7 bis 9 Uhr und von 14.30 bis 17 Uhr statt. Die Waren gelangten auf dem Wasserweg nach Hamburg, Vater und Sohn reisten mit der Bahn.
War der Handel bisher nur ein Nebenerwerb, wagte Hans Lührs 1933 den Schritt in die Selbstständigkeit und zum Vollerwerb. Die Firma wurde am 21. Juni ins Handelsregister eingetragen. Hans Lührs erschloss ein neues Verkaufsgebiet. Mit dem Beginn der Kirschenernte zog er mit seiner Frau nach Bremerhaven. Die Reise mit Pferd und Wagen dauerte zwei Tage. Die Ware wurde mit der Bahn angeliefert. Fand der Handel in Hamburg auf dem Großmarkt statt, so wurden jetzt die Einzelhandelsgeschäfte angefahren und beliefert. Den Einkauf der Ware und die Organisation des Transportes besorgte immer noch Peter Lührs.
1935 bis 1937 verkaufte Hans Lührs vom eigenen Kahn am Schiffbauerdamm in Berlin Äpfel aus dem Alten Land (großes Foto). Der Kahn wurde mit 50 Tonnen beladen und von einem Schlepper nach Berlin gezogen. Auch der Nachschub kam auf dem Wasserwege. Erst im Frühjahr ging es wieder nach Hause.
1937 begann bei Lührs die Motorisierung; ein Lastkraftwagen wurde angeschafft. Damit lieferte die Firma während des Sommers jeden Tag frisches Obst nach Bremerhaven. Mit Kriegsbeginn erhielten der Lastkraftwagen und sein Fahrer Hans Lührs sofort einen Stellungsbefehl. Nun führte der Vater Peter Lührs unter schwierigsten Bedingungen den Handel weiter. Als Transportmittel standen ihm, wie schon vor 1937 auch, nur Pferd und Wagen zur Verfügung.
Schwer krank kehrte Hans Lührs im Februar 1949 aus polnischer Kriegsgefangenschaft zurück. Dreieinhalb Jahre Arbeit unter Tage in einem Kohlenbergwerk lagen hinter ihm.
Der erste Nachkriegslastwagen wurde mit Gas betrieben. Die Kontakte aus der Vorkriegszeit nach Berlin wurden wiederbelebt. Hinzu kamen seit den fünfziger Jahren Geschäfte mit Großhandelsfirmen aus dem Ruhrgebiet.
Weil die günstige Geschäftsentwicklung den Ausbau des Betriebes erforderte und im Alten Land keine ausreichende Gewerbeflächen zur Verfügung standen, wurde 1958 ein Teil des Unternehmens nach Dollern an den Issendorfer Weg verlegt. Für diese Entscheidung sprach auch der zunehmende Obstanbau auf der Geest. Auf dem Gelände in Dollern errichtete Hans Lührs ein modernes Kühlhaus mit Sortierraum. Eine Verladerampe erleichterte jetzt das Be- und Entladen der Fahrzeuge. Die endgültige Verlegung des Geschäftssitzes nach Dollern erfolgte 1963.
Auf dem Hamburger Großmarkt ist die Firma seit 1962 mit einem eigenen Stand vetreten. Dieser Stand wird täglich mit frischer Ware beliefert und wurde vom ersten Tag an von Horst Lührs, der dritten Generation, geleitet. Begann der Handel damals um zwei Uhr in der Nacht, hat sich der Handelsbeginn seit 1990 auf Mitternacht vorverlegt. Ursächlich dafür war die Ausweitung des Handelsgebietes nach der Wiedervereinigung. Die Händler aus Mecklenburg kauften jetzt schon kurz nach Mitternacht ein, um rechtzeitig wieder zu Hause zu sein.
Horst Lührs weitete die Geschäftsbeziehungen nach Süddeutschland, Frankreich und in die Beneluxländer aus. Mit Zunahme der Selbstbedienungsläden kamen neue Anforderungen auf den Großhandel zu. Bis in die siebziger Jahre hinein wurde Obst fast ausschließlich in Steigen gehandelt. Jetzt fragten die großen Einzelhandelsorganisationen nach ladengerechten Kleingebinden. Die Firma reagierte darauf. Mit neuen technischen Geräten konnte die Ware in SB-Verpackung verpackt und geliefert werden.
Seit der letzten Erweiterung im Jahre 1983 verfügt die Firma über eine überdachte Fläche von 1200 Quadratmetern. 2003 beschäftigte das Unternehmen 15 Mitarbeiter, der Fuhrpark umfasst drei Lastzüge mit einer Gesamtladekapazität von 65 Tonnen.
In den neunziger Jahren begann der Handel mit Weichobst (Himbeeren, Erdbeeren, Pfaumen usw.). Das Sortiment konnte dadurch erheblich ausgeweitet werden. Die Lieferanten kommen überwiegend aus dem Nahbereich. Seit 1998 steht mit Ralf Lührs die vierte Generation in der Unternehmensverantwortung.“
* aus: Dollern · Die Dorfgeschichte, Egon Hagenah und Wolfgang Döpke
Verlag der Kreissparkasse Stade, 2004, ISBN 3-933996-24-4.
Mit freundlicher Genehmigung der Kreissparkasse Stade und des Autoren Egon Hagenah.